Widmung

Für Neil, Buzz und Michael.
Drei Jungs, die für die Menschheit einen riesengroßen Schritt gemacht haben.
Mögen noch viele weitere - egal ob groß oder klein - folgen.




Transit

Es ist der 7.Mai 2741, acht Uhr morgens.
Erik wacht auf und juchzt vor Freude, denn heute wird er mit seiner Mutter das Luna-Museum auf dem Mond besuchen.
Schnell zieht er sich an und packt seine Reisetasche zusammen.
"Hast du nicht etwas vergessen?", fragt ihn eine sanfte, fröhliche Stimme.
Es ist seine Mutter Shaula, die sich mit einem Lächeln auf den Lippen über ihn beugt und ihm eine Mütze aufsetzt, die vor 800 Jahren einem Mann gehörte, der als Erster den Mond betrat.

Sie ist in der Zwischenzeit auch nicht müssig gewesen, hat den Koffer, das Holophotometer und Proviant eingepackt.



Gemeinsam gehen sie zum Astroport Frankfurt-9, von wo aus es mit dem Mondliner zum Erdtrabanten geht.
Nachdem alle Passagiere Platz genommen haben, startet das Linienschiff.



Shaula deutet auf das Fenster neben ihrem Platz und Erik sieht von hoch oben die Türme des Domes und der Wolkenkratzer, die bald unter den Wolken verschwinden.
Der Liner verlässt die Lufthülle der Erde und der Mond steigt bleich über dem Rand der Welt auf.

 

Eriks Mutter holt aus einer Tasche zwei Honigbrote und gibt ihrem Sohn eines davon.
Erik isst seines und sieht sich den Film an, der gerade gezeigt wird.
Männer in komischen Anzügen turnen im Weltraum herum oder hüpfen über Ebenen aus Sand und Staub.
Drei Stunden wird der Liner zum Mond brauchen. Dabei kann Erik gar nicht glauben, dass diese Reise früher drei Tage dauerte!
"Wartet Papa beim Museum auf uns?", möchte Erik von seiner Mutter wissen.
"Nein, er ist zur Zeit mit einer Ausgrabung beschäftigt und kommt erst im Hotel zu uns.", antwortet sie.
"Merkwürdig" denkt Erik "Eigentlich ist doch Tante Isis die Archäologin in der Familie."





Das Mondmuseum




Endlich landet der Liner bei dem Luna-Museum im Mare Tranquilitatis, dem Meer der Ruhe.
Erik und seine Mutter verlassen das Passagierschiff und betreten die grosse Eingangshalle, wo viele Modelle und Bildtafeln die Besucher informieren.
Die beiden lassen die Halle hinter sich und kommen in einen Seitenflügel des Museums, über dem sich eine durchsichtige Kuppel wölbt.
Darunter steht ein Gerät, das wie eine vierbeinige Spinne aussieht. Auf den Beinen sitzt ein breiter Kasten, der mit Goldfolie umhüllt ist.
Dies ist der "Adler", die Mondlandefähre der legendären Apollo-11-Mission, die als erste am 20.Juli 1969 auf dem Mond gelandet ist.
"Komm Erik, der nächste Mondbus geht in vier Minuten."
Erik und seine Mutter gehen zum Landesteig für den Mondbus, der sie zu einem weiteren, nicht weniger berühmten Landeschiff wie der "Eagle" bringen wird.





Der Mondbus

Langsam schwebt der Mondbus über die nackte, unwirtliche Mondoberfläche, die nur aus Stein und Staub zu bestehen scheint.
Die Sonne steht knapp über dem Horizont und beleuchtet die Spitzen der Gebirgsketten.
Mondkrater ziehen vorbei, als der Mondbus das Mare Tranquilitatis verlässt.
Die Krater sind durch einschlagende Meteore entstanden, während die grossen dunklen Mare von der vulkanischen Vergangenheit des Mondes zeugen.
Obwohl die Fahrt mit dem Mondbus nicht lang dauert, ist sie doch sehr langweilig, weil kein Film gezeigt wird.
Shaula bemerkt, dass ihr Sohn über diesen Umstand nicht froh ist und spielt kurzerhand mit ihm Messer, Schere, Licht.
"Licht, ich hab' gewonnen!", triumphiert Erik.
So vergeht die Zeit schneller.





Die Raupe

Inmitten des Mare Imbrium, unter einer Kuppel, steht ein Gefährt, das wie ein Kochtopf auf Rädern aussieht.
Altertümliche Kameras sind an der Vorderseite und oben ein runder Deckel mit vielen kleinen Solarzellen.
Ein bärtiger alter Mann, der eine Pelzmütze trägt, sagt zu Erik, dass diese Sonde "Lunochod" - also "Mondauto" - heisst und von der Erde ferngesteuert wurde.
Es war hier gelandet, nachdem das Apollo-Programm beendet wurde.
Die Sonde Luna-16 hatte das Mondauto abgesetzt, das daraufhin die Landschaft erkundet und dabei mehr als 10000 Kilometer zurücklegte!





Die Mondschürfer

Mit dem Mondbus geht es weiter über die Gebirgsketten und Krater.
Die Strahlen des Kraters Tycho glitzern im fahlen Sonnenlicht, als sich der Bus Clavius nähert.
Nachdem er im Hangar gelandet ist, gehen die Passagiere durch einen langen Korridor, der in eine weite Halle mündet.
Die Wände fallen steil in eine grosse Grube ab, in der zylinderförmige Wohnmodule, kleine Mondautos und zwei grosse Abbaumaschinen stehen.
Erik, seine Mutter und die anderen Passagiere beginnen sofort wie Ameisen in der Grube auszuschwärmen und Holophotos zu machen.
Einer der Museumswärter muss auf Geheiss eines japanischen Touristen die ganze Meute photographieren, die sich auf einer der Abbaumaschienen in Position gebracht hat.
"Touristen ...", murmelt einer der Wärter.





Der Mondexpress

Nach der Besichtigung der alten Mine begeben sich alle zum Bahnhof, wo ein Expresszug wartet, der die Touristen zum Luna-Museum zurückbringen wird.
Der Mondexpress ist zehn mal so schnell wie seine irdischen Vorbilder, so dass Erik dieses Mal keine Zeit für ein Spiel mit seiner Mutter bleibt.
Nicht nur die Berge und Krater, sondern auch die Sterne sausen nun am Firmament vorbei.
Nach wenigen Minuten hat der Express seine Station beim Luna-Museum erreicht und die Besucher kehren wieder an den Startpunkt ihrer Tour zurück.





Am Ende des Tages

Als Erik und seiner Mutter den Expresszug verlassen und die Museumshallen betreten, erleben sie eine freudige Überraschung.
Eriks Vater Julius ist da, um seine Familie abzuholen.
"Hallo meine Lieben! Na Erik, hat dir die Tour gefallen?"
"Ja, sie war super!", jubelt Erik.
"Du musst mir unbedingt alles erzählen. Kommt, wir gehen ins Hotel."



Gemeinsam gehen sie in einen Seitenflügel des Museums, in dem sich das Hotel befindet.
Eine Wand des Zimmers, in dem sie übernachten werden, ist ein einziges grosses Fenster, durch das man einen guten Ausblick auf die weite Mondlandschaft hat.
Die weite dunkle Ebene des Mare Tranquilitatis füllt den ganzen östlichen Horizont aus und nur wenige Krater sind zu sehen.
Weiter im Norden kann man Bergkämme erkennen, hinter denen das Mare Crisium liegt.
In dem Zimmer gibt es eine gemütliche Couch, ein Doppelbett und einen grossen Videobildschirm.
Erik macht es sich mit seiner Mutter auf der Couch gemütlich, während sein Vater auf dem Videoschirm einen Film aussucht.
Als der Film losgeht, sitzen endlich alle gemeinsam auf der Couch und kuscheln sich aneinander.
Auf dem Bildschirm sieht man eine alte, unscharfe Videoaufnahme.
Die Mondoberfläche kommt immer näher, während eine Stimme spricht:

Scheinwerfer an.
Sinken mit zweieinhalb Fuss pro Sekunde.
Noch 40 Fuss.
Sinken mit zweieinhalb, wirbeln Staub auf.
Noch 30 Fuss, sinken mit zweieinhalb.
Wir sehen unseren Schatten.
Etwas nach rechts.
Landelichter an, okay, Motor aus.
Houton, hier ist das Meer der Ruhe.
Der Adler ist gelandet.


Neil Armstrong, Kommandant Apollo-11
Mare Tranquilitatis, 20.Juli 1969



Eriks Reiseroute