Widmung

Für Carl Sagan
Von einem Bewunderer an diesem Strand des kosmischen Ozeans.




Neue Welten

Am Anfang war das Nichts.
Doch in dem Nichts gab es einen unendlich kleinen Raum - eine Falte - ohne Größe und Dimensionen, die sich in einer gewaltigen Explosion und mit einem Licht, das jeden geblendet hätte, wären Augen da gewesen es zu sehen, schlagartig ausdehnte.
Atome bildeten sich innerhalb von wenigen Sekunden und aus den Atomen entstanden nach vielen Millionen Jahren die Grundlagen und Heimstätten des Lebens.
Unzählige Lebensformen entstanden, einige vergingen wieder, andere kamen hinzu und neue entstehen noch heute.
Und manche von ihnen machten sich auf zu den Sternen, um ihre Welt zu erkunden und ihre Herkunft zu erforschen.






Haarige Raumfahrer

Erik ist wieder einmal mit seinem eigenen Raumschiff – der PLEIADES – unterwegs.
Inzwischen beherrscht er die Steuerung auch schon besser als beim ersten Flug, was für seine Freunde Julia und Linus, die mitgekommen sind, sehr beruhigend ist.
„He Erik-Schatzi, dass du uns ja nicht in ein schwarzes Loch fliegen tust.“, scherzt Julia.
„Lenk ihn nicht ab, der tut sowieso schon Blut und Wasser schwitzen.“, meint daraufhin Linus.
„Vielen Dank für euer Vertrauen. Das baut mich echt auf!“, schimpft Erik, dem die Witze der beiden nun doch etwas auf die Nerven gehen.
„Aber Erik-Schatzi, verstehst du denn gar keinen Spaß?“, setzt Julia hinzu.




Erik antwortet darauf nicht mehr, sondern lenkt das Schiff an der Innenseite des Orion-Armes entlang und verlässt die Interstellare Allianz.
Ein paar kegelförmige Kreuzer kommen in Sichtweite, als sich die PLEIADES dem Raumgebiet der Mendriten nähert.




Erik, Julia und Linus beamen sich auf einen der Kreuzer.
Dort stehen sie einem kleinen Pelzwesen mit dürren Armen und Beinen gegenüber, das nicht größer als sie ist.
„Ne-de-dree.“, sagt das kleine Wesen zu ihnen, was auf mendranisch „Willkommen“ heißt.
„Ne-bree.“, bedankt sich Erik.
Daraufhin dürfen sie mit dem Mendrit sprechen, sich seine Raumkarten ansehen und mendranischen Wurzeltee mit viel Zucker trinken.
Zum Abschied lässt sich der wuschelige Astronaut sogar von Julia kraulen und wünscht ihnen mit „De-he-lee“ eine gute Weiterreise.






Bei den Schnecken

Die PLEAIDES landet auf dem Planeten Gardenia-2, wo überall haushohe fremdartige Blumen blühen.
Erik und seine Freunde gehen auf ein paar Riesenschnecken zu, die sich zwischen den Pflanzen tummeln.
Jeder von ihnen steigt auf eine Schnecke und schon geht's ab durch die Prärie!



Mit einem Tempo, dass der Wind in den Ohren dröhnt, sausen die Schnecken durch die gartenartige Landschaft.
Nur Linus ist nicht ganz glücklich, weil er beinahe abgeworfen wird, während es über Stock und Stein geht.
Nach dieser Tour sehen sich die Freunde noch viele der Blumen an, bevor sie zum Schiff zurückkehren.
Tante Isis hat einmal erzählt, dass man glaubt, das erste Volk, das durch die Galaxis reiste – also die sogenannten Alphas – hätten die Gärten auf Gardenia angelegt.






Intelligentes Licht

Die PLEIADES setzt ihre Reise fort und fliegt in Richtung des galaktischen Kerns zum Sagittarius-Carina-Spiralarm.
In der Nähe des Trifid-Nebels glaubt Julia ihren Augen nicht mehr trauen zu können.
Kleine Lichtpunkte, die blinken, scheinen zwischen den Sternen zu wandern.
Erik und Linus lächeln wissend und lassen Julia noch eine Weile im Dunkeln tappen.
Als sich die Lichtpunkte als große sternförmige Raumschiffe entpuppen, die durch den Weltraum reisen, bleibt ihr der Mund vor Staunen offen stehen.
„Ja, das sind die Schiffe der Cepheiden.“, sagt Erik endlich.
Julia ist völlig gebannt von ihnen.
Zwar hat sie schon von den Cepheiden gehört, deren Schiffe aus purer Energie gemacht sind, aber sie hat noch nie welche gesehen.




Wieder einmal beamen sich die drei auf einen der Kreuzer.
Innen strahlt alles genauso hell wie außen und es dauert eine Weile, bis sich ihre Augen daran gewöhnt haben.
Eine kleine Lichtkugel kommt auf sie zu und begrüßt sie.
Obwohl sie keine Worte hören, können sie ihn trotzdem verstehen, da die Cepheiden Telepaten sind, die einzig durch ihre Gedanken sich mit anderen verständigen können.
Erik bedankt sich in Gedanken, was ihm nicht leicht fällt.
Julia traut sich schließlich, den Cepheiden auf ihrer Hand schweben zu lassen.
Daraufhin erzählt er ihnen von seinem Volk, das in einem Sternennebel lebt.






Im Reich des Gases

Linus gerät in Panik, als ein Gasriese allmählich den Bildschirm ausfüllt.
„Wenn wir da hineinfliegen und es uns durchschüttelt, wird mir bestimmt schlecht!“, jammert Linus.
„Was hast du denn gefrühstückt?“, scherzt Julia.
Langsam sinkt die PLEIADES durch mehrere Hüllen des Gasplaneten, bis sie zu einer gelblichen Schicht kommt.




Diese ist nur von ein paar weißen Bändern durchzogen und so klar, dass man kilometerweit sehen kann.
Inmitten dieser eigenartigen Landschaft ist ein großer Wirbel an dessen Rändern Lebewesen durch die Luft gleiten, die wie große Ballons aussehen.
Ihre hellbraune Haut ist mit braunen und weißen Flecken übersät, was Julia an Kühe erinnert.
Ihre Stimmen, die wie Trompeten erschallen, kann man sogar noch im Inneren der Untertasse hören, was Julia und Linus zusammenzucken lässt.
„Angsthasen!“, schimpft sie Erik. „Das sind doch bloß die Schweber.“
Erik und seine Freunde sehen auf dem großen Bildschirm noch zu, wie die ganze Herde an ihnen vorüberzieht, bevor sie den Gasplaneten verlassen.
Linus, der leicht grün im Gesicht ist, ist sichtlich froh darüber.





Auf dem Laserstrahl

Nachdem die PLEIADES den Gasriesen verlassen hat, fliegt sie ein paar Lichtjahre weiter zu einem Lasersatelliten.
Dieser sieht aus wie eine große flache Schüssel an deren Seiten drei Solarflügel herausragen.




„Hast du was größeres vor?“, fragt Linus, der nach dem Trip zum Gasplaneten endlich wieder eine gesunde Gesichtsfarbe bekommen hat.
„Nur einen Abstecher zum Perseus-Arm.“, antwortet Erik.
„Mit dem elektrischen Antrieb allein, sind wir zu langsam und verbrauchen unnötig Energie.“
„Wir werden ziemlich schnell sein, nicht wahr?“, möchte Julia wissen.
„Ja“, antwortet Erik, „Mindestens doppelt so schnell wie mit dem elektrischen Antrieb.“
Plötzlich kommt aus den Lautsprechern eine fremde Stimme.
„Achtung, dies ist Lasersatellit ECHO-9. Ich habe sie identifiziert als Privatraumschiff PLEIADES, Registrierungsnummer 0808-69/1420. Nennen sie mir bitte ihr nächstes Ziel.“
Diese Stimme gehörte dem Computer des Satelliten, der von Erik und seinen Freunden ihr nächstes Reiseziel erfahren wollte.
„Wir möchten in den Perseus-Arm, Sektor 301.“, antwortet Erik.
„In Ordnung PLEIADES. Begeben sie sich bitte zu der übermittelten Position.“
Prompt erscheinen auf dem Display der Steuerkonsole die Koordinaten der Stelle, an die Erik das Schiff nun lenken muß.
Nachdem er dies getan hat, meldet sich der Computer des Satelliten wieder.
„Einschuss“ auf ihre Flugbahn nach Sektor 301 in zehn – neun – acht – sieben – sechs – fünf – vier – drei – zwei – eins – Feuer.“
Ein Strahl aus Tachyonen – überlichtschnellen Teilchen – kommt aus der Mitte der Satellitenschüssel und trifft auf die Unterseite der PLEIADES.
Das Raumschiff entfernt sich wie ein Blitz aus der Raumregion.
Nahe liegende Himmelskörper und Sterne werden auf dem Bildschirm in die Länge gezogen, als die PLEIADES mit unglaublicher Geschwindigkeit davoneilt.





Die Dreibeiner

Die PLEIADES fliegt am Orion-Arm vorbei zum Perseus-Arm. Von hoch oben kann man die Sterne der Interstellaren Allianz sehen.
Für einen Augenblick meint Erik einen kleinen gelben Stern zu erkennen, um den ein blauer Planet kreist, von dem sie vor ein paar Stunden gestartet sind.




Nach langem Flug erreicht das Raumschiff das Gebiet der Triani, das am inneren Rand des Perseus-Armes liegt.
Kaum haben die Freunde ihren Fuß auf das fremde Gebiet gesetzt, da sehen sie auch schon drei der riesigen Untertassen, die auf sie zukommen.




Erik aktiviert den Transporter und sogleich steht er mit Julia und Linus in einem großen Raum.
Linus erschrickt, als er neben sich ein Wesen bemerkt, das drei mal so groß wie er selbst ist.
Es hat einen flachen linsenförmigen Körper ohne Kopf, der auf drei langen Beinen thront.
Vorne sind vier gelbe Augen und darunter eine breite Öffnung, die der Mund zu sein scheint.
An der Unterseite des Körpers sind zwei Arme, die etwas dünner als die Beine sind, aber doch recht kräftig zu sein scheinen.




Das Wesen stößt einen trompetenden Ruf aus, worauf Erik zum ersten Mal seinen Universalübersetzer herausholen muss, da es Menschen unmöglich ist, diese Sprache nachzuahmen.
Der Triani begrüßt die Freunde herzlich und sie kommen miteinander schnell in ein Gespräch.
Als sich herausstellt, dass Erik der Neffe der berühmten Exo-Archäologin Isis Bachmann ist, erzählen die Triani ihm, dass sie zu einer Forschungsexpedition gehören, die ein neues Artefakt untersuchen soll.
Gemeinsam fliegen sie noch ein kleines Stückchen weiter zu der Stelle an der sich das Artefakt befindet.
Erik ist starr vor Staunen, als es erkennt.
Es handelt sich um einen großen keilförmigen Gegenstand, der mitten zwischen den Sternen schwebt.
Vor nicht allzulanger Zeit hat Erik schon zwei weitere solche Keile gesehen, als seine Tante ihn auf einer kleinen Besichtigungstour mit der COPERNICUS zu den „Säulen des Orion“ mitnahm.
Die legendäre erste Zivilisation – die man Alpha nannte – hatte diese Keile zurückgelassen.
„Auf diesem befindet sich eine Inschrift mit astronomischen Informationen, die wir noch nicht entschlüsseln konnten.“, sagt einer der Triani.
„Astronomische Informationen?“, fragt Erik, dessen Herz plötzlich höher schlägt, als er realisiert, welche Gelegenheit sich hier bietet.
Seit das Raumschiff MINOTAUR im 24.Jahrhundert die „Säulen des Orion“ entdeckt hatte, rätselte man, woher die Alphas gekommen waren und hoffte darauf weitere Hinterlassenschaften von ihnen zu finden.
Und nun bot sich diese Chance.
„Vielleicht können wir helfen ...“






Reiseroute





Anmerkungen des Autors

Die Schweber im Kapitel „Im Reich des Gases“ stammen aus einer Computersimulation der Wissenschaftler Carl Sagan und E.E. Salpeter, die damit zeigen wollten, wie Lebewesen in der Umwelt eines Planeten wie Jupiter beschaffen sein könnten.
Diese Idee hatte mich schon immer fasziniert, weswegen ich 1995, als ich die Geschichten zu „Der kleine Sternenreisende“ erstmals aufschrieb, der Versuchung nicht widerstehen konnte, sie in diese Episode einzubauen.


Das Kapitel „Auf dem Laserstrahl“ wurde für die Internet-Version neu geschrieben.
Im Original gibt es an dieser Stelle ein Kapitel mit dem Titel „Der Tukan-Basar“. Hier treffen Erik und seine Freunde die Tukans, die als fahrende Händler durch die Galaxis reisen und den Leuten eine Menge Plunder andrehen.
Dieses Kapitel war schon damals ein ungeliebter Füller, den ich hier nun endlich ersetzen konnte.
Das neue Kapitel hat außerdem die Funktion die neuen Raumfahrtechniken zu beschreiben.


„Die Dreibeiner“ hat in der Internet-Version ebenfalls eine kleine Änderung erfahren.
Im Original wird am Ende lediglich erwähnt, dass die Triani neue Hinweise auf die erste Zivilisation entdeckt hätten, woraufhin Erik sich denkt, dass er dies unbedingt seiner Tante Isis erzählen müsse.
Dieses Kapitel ist sowohl im Original als auch in der überarbeiteten Fassung der Brückenschlag zwischen dem letzten Kapitel von „Zu den Monumenten der Zeit“ und der sechsten Geschichte, in der eine Forschungsexpedition sich auf die Suche nach dem Heimatplaneten der mysteriösen Alpha-Zivilisation macht.


Die Milchstraßen-Galaxis, in der wir leben ist ungefähr 10 Milliarden Jahre alt.
Die Ansicht mancher Wissenschaftler, wir wären die erste und einzige technisch begabte Zivilisation, halte ich für sehr albern.
Auf die Frage, warum wir bis jetzt noch nicht von einem anderen, den Weltraum bereisenden Volk entdeckt worden sind, antwortete Carl Sagan mit „Es ist eine große Galaxis“.
Und das ist sie tatsächlich.
Wie ich bereits auf der Seite „Willkommen“ ausgeführt habe, gibt es in der Milchstraße schätzungsweise 400 Milliarden Sterne.
In meinen Geschichten gehe ich davon aus, dass die Menschen und ihre Partner der Interstellaren Allianz bis zum Jahr 2741 ein Gebiet mit den Abmessungen 2400 * 1400 Lichtjahre erforscht haben.
Dieses Gebiet würde etwa 145 Millionen Sterne umfassen.
Eine äußerst beachtliche Leistung, selbst wenn man über biomechanische Technologie verfügt.
Vergleicht man dieses Gebiet jedoch mit der Milchstraße, die einen Durchmesser von 100000 Lichtjahren hat, so ist das Gebiet dieser fiktiven Interstellaren Allianz nichts anderes, als ein Sandkorn an einem Strand.
Wenn ihr noch einmal einen kurzen Blick auf die Karte zur Reiseroute von Erik und seinen Freunden werft, werdet Ihr verstehen, was ich meine.
Die Wahrscheinlichkeit, dass die Erde bisher noch nicht entdeckt beziehungsweise übersehen wurde, ist sehr hoch.